Blick: Findet die Abstimmung über die EM-Vergabe nun wirklich diesen Dienstag statt?
Marion Daube: Der Termin am Uefa-Kongress in Lissabon ist schon seit einiger Zeit fix. Warum fragen Sie?
Zuerst sollte die Frauen-EM 2025 im Dezember vergeben werden, dann gab es einen Termin im Januar. Und nun haben wir April.
Die Uefa hat die Vergabe zweimal verschoben und nochmals mehr Details beim Budget und bei den Stadien angefordert. Meiner Meinung nach lag es womöglich daran, dass die letzte EM wegen Corona erst 2022 und nicht 2021 stattfand und die Uefa noch mit dem Turnier und der Turnieranalyse beschäftigt war. Aber es ist schon so, dass die Zeit bis 2025 immer knapper wird.
Die WM in Katar beispielsweise wurde zwölf Jahre vor dem Turnier vergeben. Die EM 2024 der Männer hatte auch sechs Jahre Vorlauf. Ist die Frauen-EM einfach nicht so wichtig?
Die Männer-Turniere sind noch eine ziemliche Nummer grösser. Aber wir könnten mit der knappen Zeit bis 2025 umgehen, denn schon die Zeit für unsere Kandidatur war knapp bemessen. Wir haben in einem Jahr mit einem Kernteam von zwei Personen das ganze Dossier erstellt. Irgendwie haben wir es geschafft (lacht).
Wird dieser 4. April der wichtigste Tag Ihres Lebens?
Schon der Abgabetag des Dossiers war der wichtigste. Nun wird er am Dienstag nochmals mit den fünf wichtigsten Minuten meines Lebens getoppt (schmunzelt). Die Uefa hat erst vor drei Wochen entschieden, dass sich alle Kandidaturen nochmals mit zwei Personen auf der Bühne fünf Minuten vor den Delegierten präsentieren dürfen. Die Reihenfolge wird ausgelost. Das macht mich schon etwas nervös, dass man ein letztes, emotionales Statement präsentieren darf.
Kann der SFV in diesen fünf Minuten die EM gewinnen oder verlieren?
Die Uefa stellt den Delegierten Zusammenfassungen der Dossiers zur Verfügung, da ist auch schon eine Einstufung der Bewerbungen enthalten. Doch jetzt kann man kurz vor der Abstimmung nochmals Emotionen vermitteln. Das ist sehr speziell.
Was ist die Botschaft des SFV auf der Bühne?
Unser genaues Programm ist eine Überraschung. Aber wir werden sicherlich nicht fünf Minuten lang Powerpoint zeigen. Wir wollen mit Videos und Bildern die Emotionen wecken. Wir wollen das Junge, Frische, Witzige und das Diverse unserer Kandidatur zeigen. Wir möchten auf die Swissness hinweisen, dass wir ein moderner und verlässlicher Partner im Zentrum von Europa sind. Und dass unser ganzes Land diese EM will.
Das letzte EM-Spiel war der Final 2022 und fand vor 90’000 Fans im Wembley statt. Ist es wirklich realistisch, dass die Uefa die nächste EM an ein kleines Land vergibt, wo in Thun und Sion gespielt wird?
In England hatten nur der Final und das Eröffnungsspiel im Old Trafford solch hohe Zuschauerzahlen. Im Vergleich ist es so, dass wir über alle Stadien und Spiele gesehen insgesamt die fast identische Sitzplatzzahl bieten wie England 2022. Wir wollen dafür jedes Stadion bei jedem Spiel voll haben.
Das erscheint unrealistisch. In England hatten elf von 24 Gruppenspielen und zwei Viertelfinals nur vierstellige Zuschauerzahlen, teilweise waren es lediglich um die 4000, 6000 oder 7000.
Unsere zentrale Lage ist ein grosser Vorteil. Aus vielen Ländern ist im Gegensatz zu England die Anreise ohne Flugzeug möglich. Es ist unser Ziel, dass die Fans nicht nur für einzelne Spiele anreisen, sondern länger bleiben. Wegen der kurzen Wege ist es möglich, sich auch vermeintlich weniger attraktive Spiele anzuschauen. Oder dass man auch noch auf die Rigi fährt. Wir arbeiten mit dem Bund und den SBB daran, dass mit den Matchtickets vergünstigt oder sogar gratis ÖV gefahren werden kann. Wir wollen, dass die EM im ganzen Land ein sichtbares Fussballfest ist.
Aber es gibt eine Uefa-Empfehlung für die Stadien, dass Arenen zwischen 15’000 und 30’000 oder mehr Plätzen ideal seien. Polen beispielsweise erfüllt diese Vorgabe perfekt.
An dieser Empfehlung wurde noch geschraubt, wir waren am Anfang nicht darunter. Bei der geplanten Kooperation mit Liechtenstein mussten wir aber einsehen, dass das Stadion in Vaduz zu klein ist. Ich bin aber überzeugt, dass wir insgesamt das beste Paket haben. Unsere Stadien sind genug gross, wir wollen den Frauenfussball fördern, ich spüre keine Gegenwehr im Land gegen die EM, und die Politik steht überall voll dahinter.
Doch Ihr Hauptpartner Credit Suisse ist von der UBS geschluckt worden. Was bedeutet das für die EM?
Die Credit Suisse ist unsere Hauptpartnerin für die Phase der Kandidatur, sie haben uns in den letzten Monaten stark unterstützt. Für die Umsetzung der EM wäre die Credit Suisse nicht der entscheidende Faktor, sondern die finanziellen Zusagen der Kantone und Städte.
Würde Gastgeber Schweiz alle seine Spiele in Basel, dem grössten Stadion, austragen?
Das steht nicht fest, der Spielplan wird erst nach der EM-Vergabe erstellt.
Es wäre der zweitgrösste Fussballevent in der Schweiz seit der Männer-EM 2008. Konnte Wissen von damals genutzt werden?
Zu Beginn war es ein Thema. Aber der gesamte Kandidaturprozess war damals ein ganz anderer und wurde zudem zusammen mit Österreich durchgeführt. Kurzfristig konnten wir daraus keine Learnings ziehen. Wir haben die kurze Zeit, die uns zur Verfügung stand, dann intensiv in unsere aktuelle Kandidatur investiert.
Bleiben Sie OK-Chefin, wenn der SFV den Zuschlag erhält?
Nein, dieser Posten wäre neu zu besetzen. Das ist ein Fulltime-Job, der sich nicht neben der SFV-Direktion machen lässt. Natürlich würde ich das Projekt eng begleiten.
Zum Schluss: Kommt die EM 2025 tatsächlich in die Schweiz?
Wir haben ein sehr gutes Gefühl. Bisher gab es keine direkten Feedbacks, und wir haben auch keine eingeholt, da die Uefa die Entscheidungsprozesse genau reglementiert. Natürlich spricht man mit dem ein oder anderen Verbandskollegen im Alltagsgeschäft darüber. Eindrücke, die ich so erhalten habe, waren sehr positiv. Ganz ehrlich, wenn wir es heute schon wüssten, müssten wir gar nicht nach Lissabon reisen.