Seit dem Erstling sind viele Jahre vergangen und immer wieder wurde das Entwicklerstudio gewechselt und das Releasedatum verschoben. Jetzt ist «Dead Island 2» aber endlich da und schickt uns ins sonnige Los Angeles, um dort mit einer Spielfigur nach Wahl herumzuwüten.
Absturz und Gleichgültigkeit
Nach einem Flugzeugabsturz wählen wir eine von sechs Spielfiguren aus, mit der wir unseren Überlebenstrip beginnen. Die Charaktere unterscheiden sich beispielsweise in der Ausdauer, in der Beweglichkeit oder in der Fähigkeit sich zu regenerieren. So steht es jedenfalls auf dem Papier, doch gross fallen diese Unterschiede im weiteren Spielverlauf nicht wirklich auf. Möchte ich mit einer Rockabilly-Lady auf die Jagd gehen oder wähle ich dann doch lieber einen übercoolen Feuerwehrmann oder gar einen Börsenmakler? Die Wahl ist ziemlich egal.
Egal ist auch die Geschichte: Ein Virus hat die Menschen in Los Angeles in blutrünstige und sehr aggressive Zombies verwandelt, die jetzt wie gehabt sehr hungrig sind und sich auf die Menschenjagd begeben. Die Stadt ist von der Umwelt abgeschnitten, das Militär hat aufgegeben, sich zurückgezogen und überlässt die wenigen Überlebenden ihrem Schicksal.
Kommt hinzu, dass man als Spielfigur selber gebissen wurde, das Virus aber nicht ausbricht und man jetzt irgendwie damit leben muss. Was läuft da jetzt genau im Innern des eigenen Körpers ab, was ist genau vor dem Ausbruch passiert und kann das ganze überhaupt noch aufgehalten werden? Diese Fragen wollen beantwortet werden.

Abgegrenzte Distrikte statt offene Spielwelt
Unsere Reise beginnt in einem Villen-Viertel, wo wir uns auf die Suche nach bestimmten Menschen machen, die dafür sorgen, dass das Abenteuer fortgesetzt werden kann. Nach und nach schalten wird Distrikte frei und dürfen diese auch wieder besuchen. Eine offene Spielwelt mit riesigem Umfang ist aber nicht zu erwarten.
So kämpfen sprich schlachten wir uns von einem begrenzten Areal zum nächsten und machen dabei bei vielen illustren Gegenden von Los Angeles Halt. Der Spielablauf gestaltet sich dabei fast immer gleich: Wir suchen Überlebende, um mit ihnen zu sprechen, suchen Gegenstände, um irgendeine verschlossene Türe oder ein Tor zu öffnen und das Ganze beginnt wieder von vorne.
Und auf dem Weg von A nach B warten jede Menge Zombies auf uns, denen wir dann im fortlaufenden Spiel mit ganz vielen Hieb- und Stich-Waffen gegenübertreten können. Und wir dürfen Basteln und uns die eine oder andere abgefahrene Waffe in die Hände legen. Dafür müssen ganz viele herumliegende Gegenstände gesammelt werden, um Allerlei für den Bau zu verwenden.
Das Waffen- und Rollenspiel-Problem
Waffen leiden übrigens unter begrenzter Haltbarkeit. Es ist also äusserst ratsam immer mehrere dabei zu haben, um schnell eine Alternative in der Hand zu halten. Ist keine vorhanden, darf auch mit Fäusten und Füssen gekämpft werden. Aber damit hat man schnell verloren und ist besser bedient die Flucht zu ergreifen.
Auch Schusswaffen stehen im späteren Spielverlauf zur Verfügung. Auch wenn diese eine ordentliche Durchschlagskraft besitzen, muss jeder Schuss ein Treffer sein. Denn mit unendlich viel Munition darf nicht gerechnet werden.
Das Spiel schmückt sich mit dem Begriff First-Person-Action-RPG. Doch der Rollenspielanteil hält sich eher dezent im Hintergrund. Klar, im Fähigkeitensystem kann man viel herumwerkeln und herumexperimentieren, aber die Rollenspiel-Möglichkeiten sind eher eine Illusion, der man sich hingeben kann aber nicht zwingend muss, um Spielspass zu generieren.

Die Highlights: Los Angeles, Zombies und viel Blut
Der heimliche Star dieses Videospiels ist ohnehin Los Angeles, das einlädt die schicken Orte von Beverly Hills bis Venice Beach zu besuchen. Die sonnige, lockerflockige Atmosphäre wurde wunderschön getroffen und die abgegrenzten Areale laden zum Entdecken ein. Wer stressfreies Sightseeing betreiben möchte, muss sich aber dann doch erst der Zombies entledigen, die natürlich überall herumwuseln und gierig nach Frischfleisch suchen.
Womit wir auch schon zum nächsten Highlight kommen. Ja, Zombie-Games gibt es eigentlich schon zur Genüge und das Rad wird hier auch überhaupt nicht neu erfunden. Die Zombie-Schnetzelei hebt sich aber von der Konkurrenz dadurch ab, dass die Anzahl an unterschiedlichen Untoten gross, ja zuweilen riesig ist. Während der Spielzeit hatte ich beispielsweise nur selten das Gefühl das geifernde Ding vor mir schon mal gesehen zu haben.

Was ebenso heraussticht, sind die vorzüglichen Gore-Effekte. Wir wollen hier gar nicht aufzählen was es alles für Möglichkeiten gibt die Zombies auseinanderzunehmen und wie blutig und widerlich es werden kann, aber wer sich genau nach solchen Effekten sehnt und das Spiel hauptsächlich kauft, um massenweise Zombies abzuschlachten und von dem hohen Gewaltgrad nicht genug bekommt, der wird hier definitiv bedient werden.
«Dead Island 2» ist übrigens alles andere als leicht. Sind die Gegner in den ersten Spielstunden von rund zwanzig noch einigermassen schnell und einfach zu besiegen, steigert sich der Schwierigkeitsgrad merklich. Da werden dann selbst simple Zombies zu einer Herausforderung während bei grossen Fleischbergen ohne Taktik und passender Waffe der Game-Over-Bildschirm schnell auftaucht.
Für Genre-Fans ein blutiges Fest
Fazit: Ich wurde mit «Dead Island 2» vorerst gar nicht warm. Auch wenn ich nach langer Zeit wieder grosse Lust auf ein Zombie-Game hatte und das Setting in Los Angeles mich anlockte, ich hatte zu Beginn keinen Spass mit diesem Videospiel. Erst als ich in Sachen Story abschaltete und mich auf das Wesentliche konzentrierte, sprang der Funke endlich über.
«Dead Island 2» mag noch so überheblich mit geschwellter Rollenspiel-Brust herumstolzieren und mir immer wieder mitteilen, dass ich im Menü bei meinem Charakter ganz viel einstellen und individualisieren kann, der wahre Spielkern liegt jedoch in der Wahl der Waffen und wie man diese nutzt.
Oder anders gesagt: In diesem Game wollen einfach ganz viele unterschiedliche Zombies regelrecht auseinandergenommen werden, so dass das Blut nur so fliesst und die Gliedmassen und Innereien spektakulär herum fliegen.
Das und nicht mehr ist «Dead Island 2». Wer genau das sucht und sich sinnfrei unterhalten möchte, wird unglaublich viel Spass haben.
«Dead Island 2» ist ab dem 21. April erhältlich für Playstation 5 (getestet), Playstation 4, Xbox Series X/S, Xbox One und PC. Freigegeben ab 18 Jahren.
Quelle: watson.ch